20 December, 2021
Nils Heide

Publication

Bedeutung chinesischer Patente im Digitalisierungswettbewerb - Neue Verletzungsrisiken im Global Village?

Veröffentlichung von RA Prof. Dr. Nils Heide in Zeitschrift zum Innovations- und Technikrecht, Dezember 2021, 193 ff.

Abstract

China strebt nach der „KI Road Map“ des chinesisches Staatsrates eine internationale Führungsposition im KI Bereich bis 2030 an. Diese Entwicklung wird auch durch Entwicklungen im Patentsystem flankiert. Eine Analyse der weltweiten Patentanmeldungspraxis im Bereich der KI Methoden und KI Anwendungen zeigt, dass chinesische Unternehmen und Forschungseinrichtungen zu den Hauptanmeldern für viele Schlüsseltechnologien zählen. Hierdurch entstehen Patentpositionen, welche gegenüber Wettbewerbern durchsetzt werden können und es werden Lizenzabhängigkeiten etabliert. Die Patentdichte, das zum Wettlauf zwischen Patentverletzungsverfahren und Nichtigkeitsverfahren führende chinesische Trennungsprinzip sowie die mit der 4. Patentrechtsnovelle seit 2021 geschärften Instrumentarien der Verfolgung von Patentverletzungen führt im Bereich vieler KI Anwendungen und digitaler Technologien zu neuen Bedrohungsszenarien. Die Internationalisierung des Datentransfers und die internationale Ausdehnung von Patentportfolios schafft zudem Anknüpfungspunkte für die Begründung von gerichtlichen Zuständigkeiten. Eine Analyse der Entscheidungspraxis zeigt, dass chinesische Unternehmen nicht nur in China eine aktive Rollen als Kläger einnehmen, sondern auch in Europa und in den USA zunehmend in Erscheinung treten. Insbesondere ergibt sich eine steigenden Involvierung in FRAND Auseinandersetzungen um den Zugang zu standardessentiellen Patenten (SEPs), wobei chinesische Unternehmen mit Unterstützung des chinesischen Staates selbst die Etablierung von wichtigen Standards anstreben und das Kartellrecht auch in China genutzt wird, um patentgestützte Monopole zu begrenzen. Eine interessante Entwicklung ergibt sich aus der Kombination der dynamischen Patentierungspraxis chinesischer Technologieunternehmen mit dem aus der Nachahmungstradition resultierenden Pragmatismus, der zu innovativen Lizenz- und Open Source Modellen gerade auch im KI Bereich führt. Die Forcierung solcher Modelle sowie die jüngsten chinesischen Patentprüfungsrichtlinien für KI Patente zielen auf eine Vermeidung von Blockierungswirkungen durch Patente.“

Paper Access: Zeitschrift zum Innovations- und Technikrecht