Mit ‘Andrea’ ist man ganz vorne dabei
Bilder: HdM Stuttgart/Laura Poluschkin
Hoodie, Tshirt, Jeans und weiße Sneaker - so sieht der androide Roboter “Andrea” aus, den die Stuttgarter Hochschule der Medien (HdM) am 7. Dezember 2022 feierlich begrüßt hat. Andrea kommt aus Japan und soll der HdM helfen zu erforschen, wie ein Android mit seinem Umfeld interagiert. Mit Andrea wurden auch fünf Roboter-Köpfe vorgestellt, und wie Studierende damit arbeiten.
Links: Der androide Roboter Andrea. Rechts: Prof. Dr. Christian Becker-Asano.
Künstliche Intelligenz ist ein kontroverses Thema. Das bestätigt auch HdM-Rektor Prof. Dr. Alexander W. Roos vor rund 80 Studierenden, Lehrenden und Partnern der Hochschule in seinem Grußwort: “Es gab niemanden, den das Thema neutral gelassen hat. Das ist das beste Zeichen für Relevanz.” Die Kommunikation zwischen Mensch und Maschine und wie diese in Zukunft aussehen könnte, sei ein Kernthema für die HdM. Andrea passe zur HdM, weil es um angewandte Forschung in einer disziplinübergreifenden Zusammenarbeit im Medienkontext gehe, so der Rektor. Diese Komplexität und die Informatik dahinter fasziniert auch den Dekan der Fakultät, Prof. Dr. Edmund Ihler. Andrea habe nicht nur ihn begeistert, sondern wecke auch das Interesse von Studieninteressierten und Studierenden, die Lust haben, Andrea zu programmieren. In die neue Technologie hat die HdM knapp 500.000 Euro investiert, jeweils zur Hälfte finanziert aus Landes- und Hochschulmitteln.
Links: Prof. Dr. Edmund Ihler. Rechts: Die Studierenden arbeiten auch mit Roboter-Köpfen.
Androgynes Aussehen und 52 Bewegungen
Die ersten menschenähnlichen Automaten habe es bereits im 18. Jahrhundert gegeben, die Karakuri, mechanische Puppen aus Japan. Der erste androide Roboter, der “Geminoid HI-1” als Kopie von Prof. Hiroshi Ishiguro, entstand Anfang 2000, berichtet Prof. Dr. Christian Becker-Asano, Leiter des Humanoid Lab im Institute for Applied Artificial Intelligence (IAAI) der HdM. Beim Design von Andrea habe sich die HdM bewusst für einen androgynen Androiden entschieden, um zu erforschen, wie Menschen auf unterschiedliche Geschlechter eines Roboters reagieren. Andrea kann nicht stehen, aber, mit Druckluft versorgt, aufrecht sitzen. “Ein stocksteif dastehender Roboter würde den Menschen unnatürlich vorkommen”, erläutert Becker-Asano. Andrea könne an ihrem Oberkörper 52 Bewegungen ausführen - vom Kopf über die Schultern bis zur Hüfte. Darunter gibt es allein 16 Möglichkeiten, das Gesicht zu bewegen. Eine davon bekamen die Gäste zusehen, als Andrea ihnen ihr Lächeln schenkte. Dafür hatten Studierende in ihren Projektarbeiten gesorgt.
Links: Rund 80 Gäste nahmen an der Veranstaltung teil. Rechts: Studierende stellten Projekte vor.
Andrea in der Lehre
Das Humanoid Lab ist das Zuhause von Andrea und der Treffpunkt für alle, die mit dem Androiden arbeiten oder dies planen. Dort bündeln unter anderem die Studiengänge Audiovisuelle Medien, Informationsdesign, Medieninformatik, Mobile Medien oder Medienwirtschaft ihre Kompetenzen. Johanna Kuch und Amelie Kassner sind Studentinnen im Masterstudiengang Computer Science and Media an der HdM und besuchen die erste Robotik-Lehrveranstaltung, in der sie mit Andrea arbeiten. Kassner bildet eine digitale Version vom Kopf nach, um mehr Möglichkeiten zu haben, Mimik, Gestik und Emotionen darzustellen. Kuch ist auf das Thema Ton spezialisiert und beschäftigt sich damit, wie passende Stimmen für Andrea erzeugt werden können. Sie findet: „Mit Andrea ist man ganz vorne dabei. Das Thema ist neu an der Hochschule und wir können Dinge ausprobieren, die bisher noch niemand ausprobiert hat."
Links: Eine Talkrunde mit Studierenden und Lehrenden zu Medien, KI und Robotik stand auf dem Programm. Rechts: Prof. Dr. Alexander W. Roos.
Technisches Thema und angemessener Umgang
Angewandte künstliche Intelligenz ist ein technisches Thema in der Informatik, das auch Fragen der Medienethik umfasst. Die künstliche Intelligenz möchte Bausteine der menschlichen Intelligenz nachbilden, erklärt Prof. Dr. Johannes Maucher, Leiter des IAAI. “Wir wollen Maschinen erschaffen, die menschliche Fähigkeiten haben.” Roboter sollen unter anderem wissen, lernen, planen, bewerten oder kreativ sein. Die Intelligenz des Roboters werde immer damit verglichen, wie nah die Algorithmen am Menschen seien. Das Ideal sei immer der Mensch, so Maucher. Prof. Dr. Petra Grimm, Ethikbeauftragte der HdM und Teil der Leitung des Instituts für digitale Ethik der Hochschule, sieht die Herausforderung für die Menschen darin, den angemessenen Umgang mit Robotern wie Andrea zu finden. Denn in Zukunft könnten Roboter wie Andrea bei Servicemaßnahmen in der Gastronomie und der Pflege eingesetzt werden und so dem Fachkräftemangel entgegenwirken. Prof. Dr. Andreas Koch, Studiendekan des Studiengangs Audiovisuelle Medien und Teil des IAAI, ergänzt, dass androide Roboter wie Andrea auch in Talkshows eine interessante Rolle einnehmen könnten und freut sich auf entsprechende Experimente im Fernsehstudio der Hochschule.